Blog-Eintrag

Wer rastet, der...

Die Drehplatte ist ein notwendiges Zubehör zur Panoramafotografie: sie gewährleistet, dass die Kamera in einer Ebene rotiert wird. In dem Blog "Der ist doch gut, oder ?" habe ich erläutert, weshalb die Drehplatte oberhalb des Kugelkopfs anzubringen ist und weshalb die eingebaute Panoramaplatte vieler Stativköpfe kaum geeignet ist für Panoramafotografie. 

Doch was bringt die Rastung - und welche Rastung brauche ich für meine Kamera ?


Die einzelnen Aufnahmen einer Aufnahmenserie eines Panoramas sollen ca. 25% überlappen damit der Mustererkennungs-Algoritmus des Stitching-Programms genügend viele Kontrollpunkte findet und die Aufnahmen sauber stitchen (zusammenheften) kann. Dabei ist es tatsächlich unerheblich, dass der Überlapp bei allen Bildpaaren einer Aufnahmenserie gleich groß ist. Bei 15% oder weniger Überlapp tut sich die Mustererkennung schwer und findet mitunder nicht zuverlässig Kontrollpunkte. Ein sehr großer Bildüberlapp kann nützlich sein, wenn man Sujets mit Bewegung aufnimmt: so hat man genügend "Luft" um im Pre-Processing ungeeignete Bildelemente in Photoshop mit dem Radiergummi zu entfernen.

Panorama-Anfängern empfehle ich, den Überlapp mit Blick durch den Sucher einzustellen, also ohne Rastung zu arbeiten. So ist schon mal die Fehlerquelle einer falsch eingestellten Rastung ausgeschlossen. Es gibt auch Panoramaplatten ohne Rastung, wie z.B. die verbreitete "Panorama" von Novoflex. Die Gradeinteilung dieser Drehplatte ist hilfreich, wenn man weiß, um welchen Winkel man zwischen den Aufnahmen rotieren muss.
Nur - woher weiß man den ? Wer weiß schon den vertikalen und ggfs. horizontalen Bildwinkel seiner Kamera-Objektivkombination auswendig. Selbst die Objektivhersteller nennen diese Werte nicht explizit: meistens wird pauschal der Bildwinkel angegeben. Das ist dann der diagonale Bildwinkel, der ohne Rechnungen anzustellen auch nicht weiterhilft. Apropos Rechnen: natürlich kann man sich den Bildwinkel seiner Kamera-Objektiv-Kombination selbst errechnen. Die nötigen Formeln finden Sie hier - oder auch recht anschaulich erklärt bei Elmar Baumann.
Einfacher geht es mit dem sehr nützlichen interaktiven PanoCalculator unter http://www.hdrlabs.com/tools/panocalc.html

Gibt man dort die Brennweite des verwendeten Objektivs und die Sensorgröße der Kamera ein, berechnet das Programm den erforderlichen Drehwinkel bzw. die erforderliche Rastung. Ich empfehle jedem Panorama-Neuling, damit etwas herumzuspielen und sich die Daten für die jeweilige Ausrüstung zu ermitteln. 
BildschirmfotoAngenommen wir verwenden eine Canon 7D (APS-C-Sensor) mit einem 10-22mm Zoom bei 10mm Brennweite in Hochformatposition (z.B. mit dem KISS Nodalpunktadapter), dann finden wir folgende Werte:

Horizontaler Bildwinkel (in Hochformat-Orientierung): 74°
erforderliche Aufnahmen für 360° bei 25% Überlapp: 6,5 
Bildüberlapp bei Verwendung der 6er Rastung: 19%

Wir würden also am MiniRotor die 12er Rastung einstellen, und die Kamera an jeder zweiten Rastposition auslösen.
Mit 6 Aufnahmen hätten wir eine Aufnahmenserie mit 19% Überlapp für ein 360°-Panorama.

Aber nun endlich zur Frage: was bringt die Rastung ? Im Prinzip braucht man sie ja nicht.
Es gibt eine ganze Reihe von Vorteilen. Ich will hier nur drei nennen: 

  1. Mit der Rastung erübrigt sich der Blick durch den Sucher. Man ist also nicht gezwun-gen hinter der Kamera um das Stativ zu marschieren, sondern kann an unzugäng-lichen Aufnahmestandorten die Kamera rotieren und sich mit dem Funkauslöser auch vor der Kamera aufhalten. Das ist zum Beispiel von Vorteil, wenn das Stativ irgendwo am Rand steht, am Rand einer Brüstung, einer Klippe usw. Ein nicht rastender Rotator schränkt einen also bereits bei der Wahl der Kamerastandorte ein - und erlaubt es dem Fotografen kaum, sich auf das Motiv zu konzentrieren.

  2. Mit einem rastenden Rotator macht man das Panorama wesentlich schneller.
    Klack-klack-klack-klack-klack - nach wenigen Sekunden sind alle Bilder der erforderlichen Aufnahmeserie gemacht. Gerade bei belebten Szenen ist das ein großer Vorteil. Menschen, Tiere, vom Wind bewegte Fahnen und ziehende Wolken legen zwischen den Aufnahmen nur eine geringe Wegstrecke zurück.
    Der Retuschieraufwand im Pre-Processing ist damit wesentlich geringer oder kann ganz entfallen. Selbst in ziehenden Wolken sind noch Kontrollpunkte nutzbar.

  3. Die Anzahl der erforderlichen Aufnahmen für ein Panorama kann u.U. mit einem rastenden Rotator minimiert werden. Nehmen wir das obige Beispiel mit der Canon 7D und der 10mm Brennweite: Mit nur 6 Aufnahmen ist ein 360° Panorama mit 19% Bildüberlapp möglich - wenn der Überlapp gleichmäßig aufgeteilt ist. Und das ist nur mit einem rastenden Rotator oder einer Gradeinteilung (die man dann allerdings ablesen muss) möglich. Würde man bei einem Bildpaar 30% Überlapp einstellen, blieben beim nächsten nur noch 8% übrig - zu wenig, um sicher Kontrollpunkte zu finden. 

Der rastende Rotator erleichtert in der Panorama-Praxis die Arbeit ungemein.
Voraussetzung ist, dass man die richtige Rastung eingestellt hat. Wer häufig Panoramen fotografiert verwendet nur noch eine oder zwei Brennweiten und den Rotator mit fester Rastung.
Ich habe am MiniRotor oder David... fast immer die 8er Rastung eingestellt: Mit dem 10,5er Fisheye an der Nikon D3 kann ich jede zweite Raststellung überspringen und mit der 20mm Festbrennweite nutze ich jede Raststellung.
So fertige ich alle Panorama-Aufnahmeserien innerhalb weniger Sekunden an. 

Kommentare

Hi, danke für die Empfehlung für meinen Panocalculator.

Fast noch nützlicher ist vielleicht die mobile version. Relativ unbekannter link, wenn man noch nicht auf die Idee gekommen ist, www.hdrlabs.com mit nem iPhone zu besuchen.

Direkt: http://mobile.hdrlabs.com/panocalc.html
Vorschau auf dem Dektop: http://mobile.hdrlabs.com/preview/

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